Lesen Sie hier mein Interview mit Claus Peter Witt, dem Regisseur der "Gentlemen"
 

Wie authentisch ist der deutsche TV-Dreiteiler „Die Gentlemen bitten zur Kasse“?

Der wunderbare „Straßenfeger“ des NDR erzielte bei seiner Erstausstrahlung im Februar 1966 mit die höchsten Einschaltquoten der deutschen TV-Geschichte. Horst Tappert, Günter Neutze, Hans Cossy, Siegfried Lowitz und viele andere bekannte Darsteller jener Zeit liefen zur Hochform auf. Auch die einängige Filmmusik von Heinz Funk und viele kleine Innovationen trugen zum Erfolg bei, wie etwa der feinsinnige und ironische Kommentar des Sprechers (Hans-Günter Martens) oder die Idee, den Abspann nach Teil 3 mehrfach anzuhalten und noch weiter zu erzählen. Die Verfilmung ist heute auch international durchaus bekannt, wurde aber meines Wissens nie fremdsprachig synchronisiert. Dies entspricht der damaligen, nicht marktorientierten Haltung des deutschen Fernsehens: Auch "Dinner for One" wird weltweit nur in der Fassung des Schweizer Fernsehens gezeigt. Allerdings wurde für den französischen und englischen Markt eine verkürzte Kinofassung erstellt, die sich auf "Action" fokussierte und deren Erfolg offenbar sehr überschaubar blieb. Immerhin wurden sehr viel später auch Ausschnitte aus den "Gentlemen" in englischen TV-Dokus herangezogen, um den Tathergang zu illustrieren. Der Sohn von Bruce Reynolds, Nick, hat nach eigener Aussage den Dreiteiler mehrfach gesehen, nachdem sein Vater sich mit Horst Tappert angefreundet hatte.

Auch mich hat dieser Dreiteiler inspiriert, und immer wieder erhalte ich E-Mails von Besuchern von "Trainrobbery.de", denen es genauso geht.

Auf die auf die Authentizität dieser ersten Verfilmung des Postraubes weltweit überhaupt(!) ist natürlich nicht immer Verlass. Viele Fakten waren damals einfach noch nicht bekannt. Andererseits brachte der deutsche Dreiteiler mit der darin erstmals dargestellten Beteiligung der Posträuber am Flughafen-Überfall 1962 auch eine wirkliche Neuheit zutage, die der englischen Presse bis dahin gar nicht bekannt gewesen war.

Dies lag auch an einer besonderen Quelle, auf die Drehbuchautor und "STERN"-Journalist Henry Kolarz (verstorben 2001) im Gegensatz zu seinen englischen Kollegen zurückgreifen konnte: Karin Field (alias Inge Masterson), die sich nach ihrem (offenbar knappen) Freispruch in Aylesbury im Frühjahr 1964 von ihrem Mann Brian Field getrennt hatte und in ihre Heimat Deutschland zurückgekehrt war. Brian Field war in den Postraub deutlich mehr involviert als es damals zunächst schien, und mit einigen Posträubern, vor allem Goody, gut bekannt. Karin hat Henry Kolarz offenbar viel darüber berichten können, was dieser für den Hintergrund seiner Erzählung nutzte. Ansonsten griff er auf die Gerichtsakten und englische Presseberichte zurück, mischte aber auch - aus heute manchmal nicht mehr ganz nachvollziehbaren Gründen - Wahrheit und Erfindung. Auffälligste Abweichung ist, dass die Namen der Posträuber, obwohl weitgehend bekannt, geändert wurden. Eine skurrile Klageandrohung von Gordon Goody aus dem Gefängnis heraus hatte ihre Wirkung auch in Deutschlanbd nicht verfehlt. In seinen Erinnerungen ("Derrick und ich") schreibt Horst Tappert dazu:

"..aus rechtlichen Gründen mussten..im Fernsehspiel alle Namen geändert werden. Das sorgte beim Drehen oft für Verwirrung, weil jeder von uns die Originalnamen besser kannte als die im Drehbuch - ein Zeichen dafür, wie stark man sich mit seiner Figur identifiziert. Donegan/Reynolds war mir sofort vertraut. Dieser Stratege, der alles im Kopf und im Blick hatte, seine Leute in Krisensituationen unter seine Fittiche nehmen konnte, der menschlich war und zugkeich ein bisschen snobistisch und mit trockenem englischen Humor - das war mein Fall, besonders bei meiner notorischen Schwäche für alles englische. Nie wieder bin ich mir schon im ersten Augenblick einer Rolle so sicher gewesen..."

Wenig mit juristischen Erfordernissen, mehr mit dem größeren Effekt hat es wohl auch zu tun, dass die Biografien mancher Posträuber „bunter“ gestaltet wurden:
- Bruce Reynolds (Jahrgang 1931) war schon aufgrund seiner Jugend nie Weltkriegs-Major, sondern befand sich während des Kriegs in einem Kinderlandheim. Tatsächlich hat sich Reynolds übrigens nach dem Krieg kurz in der Armee beworben, hielt es dort aber nur einen Tag aus und desertierte dann.
- Der Perrückensalon für Richter von Buster Edwards alias „Patrick Kinsey“ (Hans Cossy) hat nie existiert.
- Ronald Biggs ("Arthur Finnegan"), der tatsächlich am Tag des Überfalls Geburtstag hatte, wird als Unsympath dargestellt, der sich mit dem "Major" anlegte. Tatsächlich aber war Biggs zeitlebens ein enger Freund und großer Bewunderer von Reynolds, den er schon 1949 im Gefängnis kennngelernt hatte. Im Kreis der Posträuber war er dagegen ein völlig Unbekannter und eher ein Außenseiter, und gehörte nicht, wie von Kolarz in den "Gentlemen" angenommen, zu den South Coast Raiders (alias Fulham Boys) um Roger Cordrey.
- Fälschlich geht Kolarz auch davon aus, dass William Boal alias "Alfred Frost" tatsächlich beim Raub dabei war, was zwar dem Gerichtsurteil entsprach, aber damals schon als sehr fragwürdig galt und selbst von den Ermittlern wie Malcolm Fewtrell (alias Montague) öffentlich angezweifelt wurde.
- Die drei unbekannten Täter kommen naturgemäß überhaupt nicht vor, ihre Existenz wurde erst Jahre später in einem Zeitungsbericht enthüllt, der auf einem Interview mit Ronny Biggs beruhte. Von ihnen wusste also offenbar auch Karin Field nichts.
- Die dargestellten Konflikte zwischen Reynolds und Goody ("Archibald Arrow") vor und nach dem Raub dürfte es so nicht gegeben haben.
- Die Ausbruchsaktionen von Biggs und Wilson wurden als geniales Werk von Reynolds und Edwards dargestellt, die aber hatten in Wirklichkeit ihre Finger nicht im Spiel.

Auch einige Ortsangaben (z.B. "Woodlands Farm" statt Leatherslade Farm) wurden gändert, obwohl sie schon durch die Weltpresse gegangen waren. Kolarz’ später als Buch erschienener „Tatsachenroman“ enthielt zumindest die richtigen Namen und Orte, aber auch viel Erfundenes.

Wer die Namen der Charaktere im Film mit den realen Personen vergleichen mächte, dem hilft die folgende Liste. Ich habe sie erstellt, bevor ich in den Besitz des Buches von Henry Kolarz kam, allerdings ergaben sich keine Änderungen daraus. Auch die ARD hat bei der Neuveröffentlichung des Dreiteilers als DVD im Jahre 2005 auf diese Liste zurückgegriffen.

Filmname Darsteller Tatsächliche Person

Michael Donegan

Horst Tappert

Bruce Richard Reynolds

Patrick Kinsey

Hans Cossy

Buster“ Edwards

Archibald Arrow

Günther Neutze

Gordon Goody

Geoffrey Black

Karl-Heinz Hess

John Thomas (Paddy) Daly

Thomas Webster

Hans Reiser

Charlie Wilson

Gerald Williams

Rolf Nagel

Robert Welch

Harold McIntosh

Wolfgang Weiser

Jim Hussey

George Slowfoot

Harry Engel

Roy John James

Andrew Elton

Wolfram Schaerf

Thomas Wisbey

Ronald Cameron

Günther Tabor

James Edward White

Walter Lloyd

Wolfried Lier

Roger Cordrey

Alfred Frost

Franz Mosthav

William (Bill) Boal

Arthur Finegan

Kurt Conradi

Ronald "Ronnie" Biggs

Smiler Jackson

Günther Meisner

(„Peter“, Eisenbahner im Ruhestand)

Twinky

Horst Beck

(„The Ulsterman“, unbek. Informant)

Peter Masterson

Paul Edwin Roth

Brian Field

Inge Masterson

Kai Fischer

Karin (Karen) Field

Jennifer Donegan

Grit Böttcher

Frances Reynolds

Eilene Black

Eleonore Schroth

Barbara Daly

Mona

Isa Miranda

Mary Manson (MacDonald)

Inspector Dennis MacLeoud

Siegfried Lowitz

Det. Superintendent Gerald McArthur

Sergeant Robbins

Lothar Grützner

Det. Sergeant Jack Pritchard

Sergeant Davies

Dirk Dautzenberg

Det. Sgt. Stanley Davies

Montague

Albert Hoerrmann

Det.-Superintendent Malcolm Fewtrell

Vorsitzender Richter

Alexander Golling

Chief Judge Edmund Davies

Finder der Geldtasche im Wald

Hans-Peter Korff

John Ahearn

Was wissen wir heute noch über die Dreharbeiten?

Es gibt heute im wesentlichen zwei Quellen, nämlich die Autobiographie von Horst Tappert, in der er eingehend auf die Dreharbeiten eingeht, und ein Interview , dass ich 2013 telefonisch mit Regisseur Claus Peter Witt geführt habe. Aus Kostengründen, aber auch wegen fehlender oder eingeschränkter Drehgenehmigungen, wurde der Dreiteiler bis auf die Außenszenen in London und Glasgow nur in Deutschland gedreht. Auch der Überfall wurde auf der Bahnstrecke Northeim-Uslar in der Nähe des Ortes Moringen in meiner Heimat Südniedersachsen gedreht. Auf der deutschen Lokomotive und ihren Waggons hatte man "Royal Mail"-Aufkleber befestigt. Laut Zeitungsberichten behinderte Regenwetter die Dreharbeiten, die vor vielen Schaulustigen stattfanden. Horst Tappert schreibt hierzu:

"Auch den Zug überfielen wir in Deutschland. Mittlerweile stand nämlich fest, dass wir in England keine Drehgenehmigung für den Film erhalten würden... Wir holten uns die Millionen auf einer wenig befahrenen Bahnstrecke bei Göttingen... Später habe ich den Original-Tatort an der Bridego Bridge gesehen - und fühlte mich sofort wie zu Hause. Er glich unserem aufs Haar. Wer immer unseren deutschen Drehort ausbaldowert hat, nachträglich mein größtes Kompliment."

In England - Inkognito

Im September 1965 machte sich das Filmteam dennoch "inkognito" auf nach Großbritannien. Die Vorsicht von Regisseur Olden war begründet: Harry Engel, der als einziger bei der Passkonrolle als Grund der Einreise angegeben hatte, man wolle einen Film drehen, wurde daraufhin  stundenlang verhört, konnte sich aber am Ende herausreden. Wegen der örtlichen Vorschriften musste eine zweite, britische Filmcrew engagiert werden. Tappert:

"Eigentlich brauchten wir das Team nicht, wir konnten unser Programm allein bewältigen. Olden zog sich aus der Affäre, indem er die aufgezwungenen Kollegen die "Anschlüsse" drehen ließ, wie zum Beispiel Einstellungen ohne Schauspieler, die später nach Bedarf zwischen das andere Filmmaterial geschnitten werden sollten.. Beim Filmschnitt stellte sich später heraus, dass mit wenigen Ausnahmen nichts, was das zweite Team gedreht hatte, verwendet werden konnte. Lichteinfall, falsche Anschlüsse, falsche Richtungen."

John Olden, gebürtiger Österreicher mit britischer Staatsangehörigkeit, ließ sich nicht unterkriegen und drehte z.T. mutig auch ohne Genehmigung. So wurde der Überfall am Londoner Flughafen Heathrow direkt vor Ort gedreht, ohne die örtlichen Behörden einzuweihen. Heute unvorstellbar! Auch die Szene, als Tappert und Grit Böttcher sich konspirativ im Bus unterhalten, wurde direkt in einem normalen Linienbus gedreht. Schaffner und Fahrer hätten, so Tappert, keinen Einspruch erhoben.

"Bevor wir nach Hamburg zurückfuhren, um die Gentlemen zu beenden, feierten wir in Folkstone Abschied von England. Jeder wusste, dass wir etwas Gutes zustande gebracht hatten... Olden sah erschöpft aus an jenem Abend. Das Abenteuer England mit all den Unwägbarkeiten und der Verantwortung, die er sich aufgebürdet hatte, war nicht spurlos an ihm vorübergegangen."

Ein Schicksalsschlag und die Folgen

Wenige Tage nach der Rückkehr starb John Olden am 12. September 1965 in Hamburg an einem Herzinfarkt. Er wurde nur 46 Jahre alt. Olden war 1918 in Wien geboren worden, sein eigentlicher Familienname lautete Arzt. Vor dem zweiten Weltkrieg war er nach England emigriert und nach dem Krieg als Theateroffizier nach Deutschland gegangen. Olden hinterließ seine Ehefrau, die Schauspielerin Inge Meysel, mit der er seit 1956 verheiratet gewesen war. 

In dieser Situaton sprang der erst 33-jährige Claus Peter Witt ein, der gerade erst als freier Regisseur in Hamburg begonnen hatte.  Tappert schreibt über den Wechsel aus traurigem Anlass:

"Ein mutiger Entschluss, auf den Neuen wartete eine ungeheure Arbeit. Wir hatten nicht chronologisch gedreht, Witt musste sich jeden Anschluss ansehen, um herauszufinden, wo noch etwas nachzudrehen war. ..Olden hatte alle Schauspieler auf sich eingeschworen, mit der Zeit war jeder mit seinem Konzept der Gentlemen vertraut. Ganz in seinem Sinn konnnten wir Witt in den Film einarbeiten, und als guter Regisseur azeptierte er diese Hilfe sofort...Als "Die Gentlemen bitten zur Kasse" 1966 gesendet wurde, war an keiner Stelle ein Bruch oder eine Unstimmigkeit zu merken, der Film bestand aus einem Guss. Die "Goldene Kamera", die Witt gemeinsam mit John Olden verliehen wurde, hat er sich mehr als verdient."

Für Witt begann damit eine große Karriere, die bis 1996 dauern sollte und so unterschiedliche Formate wie "PS", "Diese Drombuschs", einzelne Folgen von "Tatort" und "Die Zwei" sowie 12 Jahre lang die "Lindenstraße" umfasste. Er starb am 8.5.2017.

Was wurde aus den Darstellern?

Horst Tappert (1923-2008) machte von allen Darstellern sicherlich die größte Karriere. Als "Kommissar Derrick" wurde er nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern (z.B. in Italien) zur TV-Legende. Doch sein Durchbruch zum Erfolg waren ohne Zweifel die "Gentlemen". Dessen war er sich auch immer bewusst: Als Bruce Reynolds 1968 von der Polizei nach langer Flucht gefasst wurde, schrieb ihm Tappert ins Gefängnis. Im Winter 1980 kam es dann auf Innitiative der TV-Zeitschrift "Hör Zu" zu einer Begegnung mit dem freigelassenen Reynolds in London und einer gemeinsamen Fahrt zur Bridego Bridge: "Wir mochten uns auf Anhieb, und nach  ein paar Minuten wusste ich: Reynolds sieht nicht nur so aus, der ist auch so, wie du ihn gespielt hast....Auf der Straße vor dem Hotel erkannten mich einige deutsche Touristen: "Hallo Derrick!" Reynolds sah mich verwundert an. Was spielen Sie den jetzt? Ich murmelte verlegen: "Einen Oberinspektor der Mordkommission" - "Oh my God, sind Sie gesunken!".. Der Kerl war so nett - hätte er mir vorgeschlagen, bei einem Ding mitzumachen, ich hätt's mir überlegt."

Günther Neutze (1921-1991) war bereits vor der Rolle als "Archibald Arrow" in den Gentlemen ein geschätzter Charakterdarsteller. Danach spielte der gebürtige Hannoveraner (und Fan des Fußballclubs Hannover 96) noch in vielen weiteren unterschiedlichen TV-Produktionen, darunter auch Krimis wie "Der Kommissar" und "Derrick", war aber auch als Hörfunksprecher gefragt ("Am morgen vorgelesen"). Nach einem Zusammenbruch auf der Bühne im Jahre 1979 zog sich der herzkranke Neutze zurück. Seine beiden Brüder waren ebenfalls erfolgreiche Schauspieler: Horst Michael Neutze (1923-2006) trat ähnlich wie Günther in TV-Krimis wie "Stahlnetz" und "Tatort" auf. Hans Lothar Neutze (1929-1967) galt unter dem Künstlernamen "Hanns Lothar" als der vielleicht talentierteste deutsche Schauspieler seiner Generation. Er brillierte auch in Hollywood: Unvergessen als zackiger Bürovorsteher in Billy Wilders "Eins, Zwei, Drei". Bis heute sehenswert auch sein Spiel in der Buddenbrooks-Verfilmung von 1959 mit Hansjörg Felmy und (wie schon in "Eins, Zwei, Drei") Lieselotte Pulver.Leider starb Hanns Lothar schon mit 37 Jahren an einer Nierenkolik.

Hans Cossy (1911-1972), geboren als Hans Cosiolkofsky, war Theaterschauspieler und Synchronsprecher. Unvergessen bleibt er neben der Rolle als "Patrick Kinsey" auch als Marschall "Kublai Krim" in der Science-Fiction-Serie "Raumpatroullie" mit Dietmar Schönherr, die ebenso wie die Gentlemen 1966 herauskam. Seine erste Ehefrau Vera, seit 1953 von ihm geschieden, geriet 1960 unter ihrem neuen Namen Vera Brühne wegen eines spektakulären Doppelmordes in die Schlagzeilen und wurde 1962 in einem aufsehenerregenden Prozess verurteilt. Das Urteil ist bis heute umstritten. Nach ihrem Tod fand Vera Brüne ihre letzte Ruhe in der Grabstätte von Hans Cossy.

Horst Beck (1913-1974) war als vielbeschäftigter Nebendarsteller eines der bekanntesten Gesichter in Film und Fernsehen. Neben den TV-Auftritten in "Stahlnetz", "Hafenpolizei" und Tatort" wirkte er auch an dem Filmklassiker "Des Teufels General" und vielen bekannten Spielfilmen jener Zeit mit. Einer seiner ersten Auftritte war in dem Heinz-Rühmann-Film "so ein Flegel" (1934), Erstverfilmung der "Feuerzangenbowle". Dank seiner markanten Stimme war er auch oft als Hörspielsprecher tätig. Weniger bekannt ist, dass er auch als Regisseur bei den Hamburger Kammerspielen arbeitete. Beck verstarb überrraschend bei den Proben zu einem Fernsehspiel, er wurde nur 61 Jahre alt.

Siegfried Lowitz (1914-1999), geboren als Siegfried Wodolowitz in Berlin, wurde ähnlich wie Horst Tappert zu einem berühmten TV-Kommissar und stand zwischen 1977 und 1985 in über 100 Folgen von "Der Alte" vor der Kamera. Eine Folge brachte ihn sogar mit Harry Engel in einer von dessen letzten Rollen wieder zusammen. Im Krimi-Fach war er schon vor den Gentlemen durch seine Rollen in den Edgar-Wallace-Filmen als Top-Darsteller etabliert. Er wurde auch von Stars wie Heinz Rühmann sehr geschätzt, der ihn z.B. für einen Pater-Brown-Film dabeihaben wollte, weil er mit ihm auf Augenhöhe agieren konnte. Begonnen hatte Lowitz beim Kabarett und war dann zum Theater gewechselt, wohin er in seinen letzten Berufsjahren wieder zurückkehrte. Gerne hätte ihn Regisseur Claus Peter Witt auch für die 1972 gedrehte "quasi-Fortsetzung" der Gentlemen, "Hoopers letzte Jagd", wieder als Kommissar MacLoud dabeigehabt. Lowitz erhob aber lt. Witt zu hohe Honorarforderungen.

Grit Böttcher (geb. 1938) ist eine der wenigen Darsteller aus den Gentlemen, die heute noch leben. Die anderen sind Sylvia Lydi, Kai Fischer und Rolf Nagel. Grit Böttcher war schon ab 1958 in bekannten Film- und TV-Produktionen zu sehen und stand 1962 mit Heinz Rühmann und Horst Tappert im "Pater-Brown"-Film "er kann's nicht lassen" vor der Kamera. Später war sie in vielen TV-Produktionen zu sehen, vor allem die kongeniale Zusammenarbeit mit Harald Juhnke in "Ein verrücktes Paar" bleibt einem Millionenpublikum aus ihrem vielfältigen Schaffen in Erinnerung.

Harry Engel (1936-1989), geboren als Harry von Gerbott in Dresden, lieferte in den Gentlemen eine hervorragende Leistung ab. Er hatte schon mit 17 in der DDR am Theater debütiert und mit 19 im Film. Bald wurde er auf die Rolle dubioser Charaktere und Kleinkrmineller festgelegt, dies bleib auch nach seinem Wechsel nach Westdeutschland um 1958 so. Um 1970 herum trat er auch als Regisseur beim Fernsehen (Starparade) in Erscheinung. Nach 1974 wurden die Rollen für ihn sehr selten. Sein letzter Auftritt war - gemeinsam mit Siegfried Lowitz - 1982 in der ZDF-Krimiserie "Der Alte", Folge "Teufelsküche". Ähnlich wie seinem realen Charakter in den Gentlemen, Roy John James (1935-97), war Harry Engel kein langes Leben beschieden, er starb bereits kurz vor seinem 53. Geburtstag 1989 in Berlin. Über seine letzten Lebensjahre ist nichts bekannt.

Albert Hoerrmann (1899-1980) spielte schon lange vor den Gentlemen in zwei Klassikern des Deutschen Films mit, nämlich Fritz Langs "M" (1931) und "Der Tiger von Eschnapur" (1938). Überwiegend aber war er am Theater tätig. Einem breiten TV-Publikum wurde er dann Ende der 1960er Jahre als Ökonomierat Josef Fäustl im "Königlich Bayerischen Amtsgericht" bekannt. Seine Rolle als Montague in den Gentlemen war eher etwas kleiner angelegt, obwohl der von ihm verkörperte Superintendent Malcolm Fewtrell durchaus eine zentrale Figur aufseiten der Polizei war.

Dirk Dautzenberg (1921-2009) spielt in den Gentlemen zwar nur eine Nebenrolle als Polizist, hatte aber ein sehr produktives Schauspieler-Leben mit regelmäßigen Krimi-Rollen in allen gängigen Serien wie "Stahlnetz", "Der Kommissar", "Der Alte", "Tatort", "Polizeiinspektion 1" , "Die Männer vom K3" und "Derrick". Einen Grimme-Preis gewann er 1991 als Darsteller von Stasi-Chef Erich Mielke in "Wer zu spät kommt...". Daneben war Dautzenberg auch ein bekannter Hörspielsprecher und Theaterregisseur.

Isa Miranda (1905-1982) war ab den 1930er Jahren ein großer Filmstar in Italien und schaffte auch den Sprung nach Hollywood. Ihr Stern verblasste ab Mitte der 1950er jedoch allmählich. Nach einer Privatinsolvenz 1965 hielt sie sich mit kleineren Auftritten über Wasser, so auch mit der Rolle der "Mona" in den Gentlemen. Sogar Italienisch-Unterricht soll sie gegeben haben, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Hans-Peter Korff (1942-2025) gehört zu den vielen Nebendarstellern, die ohne Erwähnung im Nachspann des Dreiteilers blieben. Er spielte John Ahern, den Finder der Geldtasche im Wald von Dorking, für den sich Kolarz offenbar nicht extra einen Alias-Namen ausdenken wollte. Der Kurzauftritt in den Gentlemen dürfte für Korff die erste kleine TV-Rolle als junger Schauspieler überhaupt gewesen sein. Er drückte diesen wenigen Sekunden durch seine Stimme und Lebhaftigkeit bereits einen kleinen, unverkennbaren Stempel auf. Später sollte er als Postbote Heini in "Neues aus Uhlenbusch" für eine ganze Generation von Kindern unsterblich werden. In den 1980er Jahren arbeitete er nochmal in der Erfolgsserie "Diese Drombuschs" in der Rolle des Vater Drombusch (Siggi) mit Claus Peter Witt zusammen.

Ein unfassbarer Verlust der anderen Art

Leider ist das Original-Filmmaterial nicht mehr vorhanden. Die ARD überspielte die Aufnahmen schon in den 70-er Jahren zunächst auf MAZ-Geräte, dann von dort in den 80-er Jahren auf Sony Betacam-Cassetten. Die Qualität ist sehr mäßig, die Aufnahmen grobkörnig. Der Film selbst wurde anscheinend vernichtet - ein ungeheurer Verlust, der zeigt, wie wenig Wertschätzung es damals für historisches Material gab.