Das Geld
Wie viel Geld wurde gestohlen?
2.631.684 englische Pfund Sterling (nach anderen Quellen 2.595.998).
Wer wissen möchte, warum es "Pfund Sterling" heißt, ist bei diesem Link an der richtigen Adresse.
Das Geld befand sich in insgesamt 120 gestohlenen Postsäcken (8 Säcke wurden von den Tätern am Tatort aus Zeitgründen zurückgelassen). Darin befanden sich:Wieviel ist das in heutiger Währung?
Vereinfacht kann man den Wert des Geldes heute (2025) bei rund 75 Millionen Euro ansetzen.
Es ist allerdings schwierig, den damaligen Wert dieses Geldes heute zu erfassen. Der bestbezahlte englische Fußballprofi erhielt 100 Pfund pro Woche, für 5.000 Pfund konnte man ein Haus kaufen (auch die Leatherslade Farm wechselte für 5.500 Pfund den Besitzer). 10 Pfund war für viele ein Wochenlohn. Insofern helfen Aussagen wie "2,6 Millionen Pfund sind 2,6 Millionen Pfund - basta!" nicht weiter.
Nach Angaben des englischen Unterhauses sank das Pfund bis 2005 auf ein Vierzehntel(!) seines Wertes von 1963. Die 2,6 Millionen wären also 36,9 Millionen wert gewesen, umgerechnet 55 Millionen Euro. Dazu passen auch die in den "Gentlemen" genannten 29,5 Millionen DM, sie ergeben 2005 rund 51 Millionen Euro (ca. 100 Millionen DM). Zahlen wie "100 Millionen Dollar/Euro" waren lange übertrieben, aber 2023 lag der aktuelle Wert der 2,6 Millionen Pfund schon bei 55,3 Millionen Pfund oder 64,7 Mio Euro. Auch der DM-Betrag aus 1963 wäre inflationsbereinigt 2023 schon 69,6 Millionen Euro. Die heftige Inflation der letzten Jahre tat ein Übriges.
Woher kam das Geld?
Das Geld war sogenannter "surplus cash". Gesetzlich waren die Banken verpflichtet, einen gewissen Bargeldbestand vorzuhalten. Alles, was darüber hinausging, war "surplus cash", also überzähliges Bargeld, das die Banken an ihre Zentralen in London schickten. Zu diesem Zweck wurde das Geld in sogenannte "High Value Packets" verpackt, die registriert und bei der Post aufgegeben wurden. Die Postzüge hatten hierfür eigene Waggons, die Geldsäcke wurden entlang der Route aufgenommen. In der Nacht vom 7. auf den 8. August 1963 waren es insgesamt 126 Säcke, davon kamen zwei Drittel erst in England an Bord - die Mehrzahl des Geldes und der geschädigten Banken kamen also nicht aus Schottland, wie lange berichtet wurde, sondern aus Nord- und Mittelengland.
War das Geld komplett zur Vernichtung vorgesehen?
Nein. Ein Teil wäre von den Banken bei der Bank of England gegen neue Scheine ausgetauscht worden, die die alten Scheine anschließend vernichtet hätte. Ein anderer Teil aber wäre innerhalb der einzelnen Banken an andere Niederlassungen weitergegeben worden. Also ist die Aussage falsch, das Geld sei ohnehin schon aus dem Verkehr gezogen gewesen und habe niemandem mehr "gefehlt". Zum Zeitpunkt des Raubes befand sich das Geld im Besitz der Banken und war weder zur Vernichtung abgegeben noch definitiv dafür bestimmt.
Was ist aus dem Geld geworden?
Von den 2.631.684 gestohlenen Pfund konnten bis heute nur 336.534 wiederbeschafft werden, also knapp 13 % oder 1/8. Diese Zahl ist seit Ende 1964 unverändert. Die größten Einzelposten:
- in den Autos von Boal und Cordrey in Bornemouth: 134.982
- in einer Sporttasche der Fields auf einer Lichtung im Wald nahe Dorking: 100.900
- in einer Telefonzelle: 47.245
- im Wohnwagen von James White: 36.000
- Roy James bei seiner Verhaftung: 12.000
- im Zimmer von Boal und Cordrey: 5.910
Ansonsten wurden noch einige
kleinere Beträge im persönlichen Besitz von anderen Posträubern gefunden, als
man sie fasste. Der Rest von 2.295.150 Pfund wurde ausgegeben, vergraben, ins
Ausland geschafft oder den Posträubern schlicht gestohlen.
Insbesondere die länger flüchtigen Biggs, Reynolds, Wilson, Edwards und (weniger lange) White haben auf ihren jahrelangen Odysseen rund um den Erdball ihren Anteil wohl restlos ausgegeben für Luxus, aber auch für Schweige- und Schmiergelder, für die Fluchthelfer aus Gefängnissen sowie für falsche Papiere. Ob die anderen Posträuber ihre Anteile dauerhaft beiseite schaffen konnten, wird wohl immer im Dunkeln bleiben - auch, weil die weitaus meisten Scheine nicht registriert waren.
Es wird also wohl auch nie wieder Geld aus dem Postraub auftauchen - wenn doch, wird man es mangels registrierter Nummern nicht beweisen können.
Hatte die englische Währungsreform von 1971 Auswirkungen für die Posträuber?
Möglicherweise. Die englische Presse spekulierte zumindest in Karikaturen darüber (siehe dieses Link).
Am 15.2.1971 wurde das britische Währungssystem nach fast 150 Jahren Diskussion auf das Dezimal-System umgestellt. Streng genommen war dies jedoch keine Währungsreform, da das Pfund und auch seine Scheine bestehen blieben. Vielmehr änderte sich nur der "Unterbau":
Zuvor entsprach ein Pfund 20 Shilling zu je 12 Pence. Nun wurde der Schilling abgeschafft und ein Pfund entsprach 100 New Pence. Die alten Shilling- und Pence-Münzen behielten noch bis in die 80er Jahre ihre Gültigkeit und wurden entsprechend umgerechnet; 1 Shilling entsprach nun 5 New Pence.
Beim Postraub war auch ein gewisser Anteil an 10-Shilling-Noten ("ten bob note") dabei, sie wurden bereits im Vorfeld der Umstellung nicht mehr herausgegeben und waren schon ab November1970 kein "gesetzliches Zahlungsmittel" mehr. In diesem Zusammenhang gab es Überlegungen, die Posträuber könnten versuchen, die "Ten Bob Notes" aus ihrem Bestand umzutauschen. Zu auffälligen Aktionen kam es jedoch nicht.
Wurde die versprochene Belohnung von über 200.000 Pfund für Hinweise auf die Täter eigentlich jemals ausbezahlt?
Die enorme Belohnung, höher als die einzelnen Anteile der Posträuber, hat die britische Öffentlichkeit motiviert und die Täter paralysiert. Das ganze Land war gefühlt auf der Suche nach den Tätern. Doch Informationen darüber, wieviel wann ausbezahlt wurde, sind gar nicht so leicht zu finden. Jedenfalls gab es die Belohnung nicht für eine Person, und nicht in einer Summe. Eine sehr interessante TV-Doku von 1966 (!) berichtet, das bis dahin - drei Jahre nach der Tat - insgesamt erst 42.000 Pfund ausgezahlt wurden:
- 14.000 Pfund an die Polizistenwitwe Emily Clerk aus Bornemouth, bei der Cordrey und Boal eine Garage mieten wollten
- 18.000 Pfund an den Knecht John Marris aus Oakley, der den entscheidenden Tipp auf die Leatherslade Farm gab
- 10.000 Pfund an den Mopedfahrer John Ahearn und seine Beifahrerin Mrs. N. Hargreaves aus Dorking, die die Geldtaschen von Brian Field im Wald entdeckten.